Ich bin in einer Kleinstadt zwischen Leipzig und Berlin in einer gut bürgerlichen Familie aufgewachsen – klassisches verwöhntes Einzelkind. Nachdem ich meinen Realschulabschluss absolviert habe zog es mich nach Berlin und ich begann meine Ausbildung in einem Bezirksamt. Da lernte ich dann mit 16 Jahren wie es ist auf eigenen Beinen zu stehen und Verantwortung zu übernehmen.
Dementsprechend fing ich auch ganz allmählich an mich um meine Finanzen zu kümmern. Da ich in einem guten Elternhaus aufgewachsen bin musste ich nie wirklich auf etwas verzichten. Materiell hat es nie an etwas gefehlt. Dieser Wohlstand ist natürlich nicht vom Himmel gefallen. In meiner Familie sind ausnahmslos alle ihr Leben lang arbeiten gegangen.
Ich wusste zwar meine Eltern haben regelmäßig Geld für mich beiseitegelegt, aber ich hatte keine Ahnung in welchen Verträgen und auf welchen Konten es lag, geschweige denn wie viel überhaupt.
Anfang 20…
Nachdem ich mit Anfang 20 meine ersten Berufsjahre hinter mir hatte, habe ich mich gefragt, ob das noch fast ein halbes Jahrhundert lang so weiter gehen soll. Noch viereinhalb Jahrzehnte lang Tag ein Tag aus das Gleiche, nur unterbrochen vom Wochenende und ein paar Urlaubstagen im Jahr, um irgendwann in Rente zu gehen und dann das Leben genießen zu können. Ich hatte genug zu essen, Zugang zu sauberem Wasser, eine warme Wohnung in einer guten Wohngegend, ein Auto, einen festen Job und damit ein regelmäßiges Einkommen.
Dennoch war ich ständig unzufrieden mit meinem Leben, ziemlich antriebslos im Hamsterrad gefangen. Ständig stellte ich mir die Frage warum ich das noch mache, wenn ich doch ´alles´ habe und trotzdem permanent unzufrieden war. Ich wollte mehr. Ein neues Auto hätte mich aber nicht glücklich gemacht, ebenso wenig eine größere Wohnung, ein zehntes paar Schuhe vielleicht?
Was macht glücklich?
Ganz im Gegenteil, das Geld für unnütze Sachen auszugeben die in irgendeiner Ecke verstauben war nicht die Lösung. Dann lieber auf dem Konto liegen lassen. Mit dieser Einstellung stand ich in meinem Umfeld oft alleine da. Noch mehr unnütze Dinge bedeutet für mich mehr Arbeit und damit weniger Zeit für anderes. Ich war also auf der Suche nach den Dingen, die mich außerhalb des Alltagslebens zufrieden stellen würden.
Leider fehlte mir hierfür eben genau die Zeit, welche ich im Büro gegen mein Gehalt getauscht habe. In meinem Umfeld konnte ich oft das Phänomen beobachten, dass viele sich zur Arbeit quälen, um sich dann von Ihrem verdienten Geld Dinge zu kaufen die sie eigentlich gar nicht brauchen, nur um sich dann zu beschweren, dass alles teurer wird und sie sooo im Stress sind. Das Zweitauto muss schließlich auch gepflegt und vollgetankt werden. Ich wusste: So will ich nicht werden. „Warum gibst du dein Geld nicht aus? Kauf dir doch mal was!“, ist der gängige Spruch den man sich anhören muss.
Ich übernehme Verantwortung
Irgendwann entschloss ich mich mein Erspartes nicht verwahrlosen zu lassen, meine Riesterrente und den Bausparvertrag zu kündigen, und meine Finanzen selbst zu verwalten. Einige Videos, Bücher und Podcasts über Geldanlage später hatte ich meine Finanzen gut im Griff, und einen fünfstelligen Betrag zur Seite gelegt. Nur, ich wusste leider nie für was ich überhaupt spare.
Mittlerweile bin ich 27 Jahre alt und lebe im Großraum München.
Das Buch „Rente mit 40“ zum Thema Frugalismus war vor einigen Monaten dann schließlich das fehlende Puzzleteil um meine Vorstellung vom Leben auf die Füße zu stellen. Es war eine Art Türöffner in eine andere Idee vom Leben, welche weder in den Medien großes Gehör findet, noch in der Gesellschaft weit verbreitet ist.
Ein Weg aus dem Hamsterrad
Es war genau das wonach ich jahrelang gesucht habe: Ein Weg aus dem Hamsterrad. Ich wusste nun endlich wofür ich mein Erspartes angelegen soll. Möglichst schnell in Rente gehen ist möglich. Ich weiß nun auch wofür ich arbeiten gehe, mehr als es eigentlich notwendig wäre. Denn die Miete, Nahrungsmittel, und so weiter, wäre auch mit einer geringeren Arbeitszeit bezahlbar. Dann hätte ich zwar die Zeit um mehr zu reisen, aber eben nicht mehr das nötige Geld.
Ich will also definitiv finanziell unabhängiger werden. Das hat mich nicht nur motiviert meinen Job wieder mit mehr Begeisterung auszuüben, sondern auch meine Ausgaben nochmal zu überdenken und immer wieder nach Möglichkeiten zu suchen noch mehr Geldfresser im Alltag zu beseitigen. Warum Wasserflaschen in den dritten Stock schleppen, um danach am Pfandautomaten Schlange stehen zu müssen um sie wieder loszuwerden, wenn doch das Wasser aus der Leitung kommt und nicht weniger gesund ist?
Wertschätzen – Wert erkennen
Die meisten von uns sind vermutlich in einer Welt aufgewachsen in der die Befriedigung der Grundbedürfnisse seit Geburt an selbstverständlich ist.
Die Wenigsten mussten auf Dauer ohne Essen, ohne sauberes Trinkwasser, ohne einem Dach über dem Kopf, ohne anständiger Kleidung oder ähnlichem auskommen.
Für viele Milliarden Menschen auf dieser Welt sind genau diese Dinge purer Luxus.
Wir leben in einem Land, und in einer Zeit, in der materielle Dinge nahezu im Überfluss vorhanden sind.
Diese Selbstverständlichkeit führt fast schon unweigerlich dazu, dass wir deren echten Wert gar nicht mehr kennen. Eine warme Dusche lernt man schließlich erst im Winter so richtig zu genießen. Ein ordentliches Paar Schuhe erst, wenn man im Dauerregen trotzdem mit trockenen Socken im Büro sitzt. An einem heißen Sommertag gibt es für viele nichts Besseres als ein kühles Glas Wasser.
Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, sind es nur wenige und oftmals die selbstverständlichen Dinge die uns glücklich machen.
Wir können sicher auf einen großen Teil unserer Alltagsgegenstände verzichten ohne dabei einen Verlust an Lebensqualität befürchten zu müssen – im Gegenteil. Der Verzicht auf Dinge die man ohnehin nicht (mehr) benötigt befreit. Wir tauschen unsere begrenzte Lebenszeit mittels des Jobs in bunte Scheine um, nur um dann Dinge zu kaufen die langfristig nicht glücklich machen.
„Eines Tages fällt dir auf, dass du 99 Prozent nich‘ brauchst.
Du nimmst all den Ballast und schmeißt ihn weg.
Denn es reist sich besser mit leichtem Gepäck.“
(´Silbermond´ – „Leichtes Gepäck“)
Fazit
Ich weiß jetzt, ich bin mit meiner Einstellung zum Geld und zu materiellen Dingen nicht allein. Es gibt viele Menschen die so denken. Und, es gibt einen Ausweg aus dem Hamsterrad – kurz- und langfristig. Durch die Entscheidung mich von den Dingen zu trennen die mich nur belasten habe ich den ersten Schritt getan. Dadurch habe ich gelernt meine Lieblingssachen wieder wertzuschätzen und dementsprechend gut zu pflegen.
Das hilft natürlich auch dabei sein Mindset und damit sein zukünftiges Einkaufsverhalten zu ändern, was wieder eine Menge Geld spart. Ich entdecke mittlerweile permanent neue Einsparmöglichkeiten die nicht nur meine Sparquote erhöhen, und damit meinem langfristigen Ziel näherbringen, sondern mir gleichzeitig das Leben vereinfachen. Das Ersparte wird dann so investiert, dass ich langfristig die Möglichkeit habe in Rente zu gehen – und zwar wann ich es will.
Ich habe damit einen Lebensstil gefunden der mich jetzt zufrieden stellt und gleichzeitig voller Vorfreude in die Zukunft schauen lässt.
Dr. Alexander Merz ist Zahnarzt, Privatanleger und Zahlenliebhaber. Seine Interessenschwerpunkte sind Aktienanlagen (6-Stelliges Depot) und Optionshandel (5-Stelliges Depot). Als Optimierungsenthusiast testet Alex neue Investments, Finanzplattformen und baut Online-Projekte auf.