Nach meiner Kündigung verbrachte ich meine Tage meist in der Stadtbibliothek in Stuttgart, um das Buch Rente mit 40 zu schreiben. Da ich die Gesellschaft meiner ehemaligen Kollegen tagsüber nicht mehr hatte, verabredete ich mich mittags zum Essen mit Unternehmern und Selbstständigen (die zeitlich flexibel waren). Eine super sympathische Selbstständige war Ljubow. Ljubow Chaikevitch ist Gründerin von FRAU VERHANDELT. und Verhandlungscoach für Frauen. In diesem Artikel stellt sie euch Ihre TOP 5 Tipps der Gehaltsverhandlung vor, für Angestellte wie auch Selbstständige.
Wer steckt hinter FRAU VERHANDELT. ?
Ljubow Chaikevitch hat es in ihrer eigenen Selbstständigkeit geschafft, in der kurzen Zeit von nur zwei Jahren, ihre eigenen Tagessätze zu verzehnfachen. Sie teilt ihr Wissen und ihre Erfahrungen in Vorträgen, auf Facebook und Instagram, im Video-Coaching sowie in Onlinekursen mit anderen Frauen.
Als Gründerin von FRAU VERHANDELT möchte Ljubow die Gehalts-und Honorar-Differenzen zwischen Männern und Frauen in Deutschland aufheben und Frauen dazu befähigen, angemessene Gehälter und Tagessätze zu verdienen. Ob Gehaltsverhandlung, Honorarverhandlung oder Stundenlohn – Verhandeln kann gelernt werden. Die TOP 5 Tipps zur Gehaltsverhandlung:
Tipp 1: Kenne Deinen Marktwert
Immer wieder begegnen mir Frauen mit den gleichen Problemen: Sie verdienen zu wenig, weniger als männliche Kollegen oder wissen gar nicht, was sie eigentlich verdienen können. Ganz klar ist: wer besser verdienen will, muss lernen zu verhandeln.
Viel zu oft bestehen Glaubenssätze wie “Wenn ich nur gut genug arbeite, wird mein/e Chefin die gute Arbeit bemerken und mir von sich aus eine Gehaltserhöhung geben.” Das ist meiner Erfahrung nach selten der Fall. Das Ziel einer Führungskraft ist es ein Unternehmen möglichst wirtschaftlich zu führen – also die besten Arbeitskräfte zu einem möglichst niedrigen Gehalt im Unternehmen zu halten.
Das heißt: Du musst aktiv werden und Deine Zukunft selbst in die Hand nehmen. Der erste Schritt dafür ist Deine Hausaufgaben zu machen, also auszuarbeiten wie Dein Marktwert ist und diesen auch fordern! Ganz konkret kannst Du Dich dafür:
- Bei Bekannten und Kollegen aus der gleichen Branche umhören
- Vergleichsportale nutzen wie z.B. Glassdoor
- Menschen, von denen Du glaubst, dass sie in Deinem Bereich gut verdienen oder verhandeln einfach mal auf einen Kaffee einladen und fragen,wie sie das gemacht haben – das Schlimmste was Du zu hören bekommen kannst, ist ein Nein 😉
Den eigenen Marktwert zu kennen, ist für Selbstständige nicht weniger wichtig, als für Angestellte, denn Selbstständige verzichten auf viele Faktoren, die in der Anstellung schon bedacht sind wie z.B. Rentenbeiträge, bezahlte Krankheits-und Urlaubstage usw..
Den Marktwert für deine Tätigkeit zu kennen, zu fordern und auch zu erhalten hat sehr viele Auswirkungen – je höher deine Einnahmen sind, desto einfacher kannst du sparen, Rente und Vermögen aufbauen oder auch einfach mal entscheiden Dir eine unbezahlte Auszeit für die Familie, eine Weltreise oder auch einfach nur ein Hobby zu gönnen. Unterschätze es nicht, deinen Marktwert zu kennen – richtig verhandelt kann er eine große Auswirkung auf Deine Freiheit haben!
Tipp 2: Weitere Faktoren außer Geld bei der Gehaltsverhandlung
Im Vorfeld der Verhandlung solltest Du ganz genau Deine Ziele kennen, sobald Du Deinen Marktwert erarbeitet hast, kennst Du Deine “Geld”-Ziele, es gibt aber noch viel weitere Punkte, die Du fordern kannst, wie z.B.
- Homeoffice
- Dienstwagen, Zuschuss zu öffentlichen Verkehrsmitteln, eine Bahncard100
- Weiterbildungen
- Anteile am Unternehmen
- Boni und Provisionen
- Mehr Urlaubstage
- …
Je konkreter du forderst, desto besser sind deine Chancen es zu bekommen, wenn du z.B. eine Weiterbildung zusätzlich verhandeln möchtest, solltest du dir einen Anbieter, Zeitraum und Preis schon im Vorfeld des Gespräches raussuchen, so dass dein Gegenüber deinen Vorschlag mit in die Budgetplanung aufnehmen kann.
Überlege dir vor der Verhandlung, was du außer einem höheren Gehalt oder Honorar noch möchtest und schreib es Dir auf, um es in der Verhandlung parat zu haben.
Tipp 3: Bereite dich auf dein Gegenüber in der Verhandlung vor
In jeder Verhandlung, ob Gehaltsverhandlung oder eine andere Art, hast Du einen anderen Menschen als Gegenüber und du solltest dir ausreichend Zeit nehmen, dich im Vorfeld des Gesprächs mit der Person zu beschäftigen.
Was mag sie oder er, was nicht? Woran wird er oder sie gemessen? Welche Ziele verfolgt die Person? Versuche so viel wie möglich über dein Gegenüber in Erfahrung zu bringen und strukturiert vorzubereiten – das wird dir helfen im richtigen Moment die passenden Argumente zu nennen, auf dein Gegenüber einzugehen und auf offene Ohren zu treffen, damit Ihr beide als Gewinner/innen aus der Verhandlung geht. Wie das genau geht, zeige ich dir im nächsten Tipp.
Tipp 4: Schaffe eine Win-Win Situation
Häufig herrscht der Irrglaube, dass Verhandlungen sehr unangenehme Gespräche sein müssen, in denen beide Parteien streiten und sich danach nicht in die Augen schauen können – genau das sollte es auf keinen Fall sein!
Dein Ziel in der Verhandlung sollte immer sein, dass das Gegenüber versteht, welchen Mehrwert du mit deiner Leistung generieren wirst und dir gerne das geforderte Honorar oder Gehalt gibt, weil auch er oder sie dadurch gewinnt. Ihr solltet beide mit einem guten Gefühl und beide als Gewinner aus der Verhandlung gehen.
Dafür ist es ausgesprochen wichtig, dass du deine Argumente, Stärken und Fähigkeiten so aufbereitest, dass sie verständlich und nachvollziehbar in die Ziele deines Gegenübers einzahlen.
Das Ziel deiner Verhandlung sollte es sein eine Win-Win-Situation zu erschaffen und ganz nebenbei deine Forderungen zu erhalten.
Tipp 5: Erstelle einen Gesprächsleitfaden in deinen eigenen Worten für deine Gehaltsverhandlung
Ein Gesprächsleitfaden hilft dir in der Verhandlung, deine Ziele nicht aus den Augen zu verlieren, beim Thema zu bleiben und vor allem dein Gespräch sinnvoll aufzubauen. Hab keine Scheu davor, dir schriftlich einen Leitfaden für die Verhandlung zu erstellen und ihn auch im Gespräch dabei zu haben (natürlich nicht präsent auf den Tisch legen, sondern eher im Notizheft verstecken).
Der Gesprächsleitfaden ist die Zusammenfassung deiner Ziele, Forderungen und Argumente – in deinen eigenen Worten. Diesen Leitfaden kannst du nutzen, um in der Vorbereitung das Gespräch immer wieder strukturiert durchzugehen und deine Forderungen zu üben, gerne auch laut vor dem Spiegel.
Wenn Du selbst in deinen Zielen, Forderungen und Argumenten klar bist und dir überlegt hast, wie deine Forderungen auf die Ziele deines Gegenübers einzahlen, wird es dir leicht fallen, dein Gegenüber zu überzeugen.
Eins solltest du dir merken: Deine Vorbereitung bestimmt zu 80 % über deinen Verhandlungserfolg – je besser du dich vorbereitest, desto höher sind deine Chancen und wer nicht fragt, gewinnt nicht – also einfach mal probieren – Übung macht den Meister!
Wenn du mehr von Ljubow erfahren möchtest, erreichst du sie unter Ihrer Website frauverhandelt.de.
Dieses Jahre brachte sie auch einen Onlinekurs für selbsttändige Frauen* heraus, um sie auf Preisverhandlungen ideal vorzubereiten.
Was sind deine Erfahrungen mit Gehaltsverhandlungen? Hast du weitere Tipps, mit denen du erfolgreich warst? Wir freuen uns auf deinen Kommentar!
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Wirtschaftsingenieur (Master) und Finanzexperte im Bereich Aktien, Kryptowährungen, Online-Business seit 2012.
Über 18.000 Abonnenten auf Youtube, Bestsellerautor Buch „Rente mit 40“ und mehr als 30.000 Lesern pro Monat.
Toller Beitrag,
mit was ich nicht ganz einverstanden bin, ist die Option Glassdoors.
Hier wird der Durchschnittsverdienst im jeweiligen Job genommen. Leider sind die Gehälter im Norden und Süden sehr unterschiedlich. Ich habe dies am eigenen Leib erfahren, ich habe bei diesem Durchschnittsgehalt 10 % draufgepackt und bin mit dieser Gehaltsvorstellung in das Bewerbungsgespräch gegangen. Ende vom Lied war, dass der Personaler sagte „ okay machen wir“ und ich fast das weinen angefangen habe, da ich sofort bemerkte, dass ich deutlich mehr hätte verdienen können, da es keine Verhandlung gab, das von mir geforderte Gehalt wurde einfach akzeptiert.
Weiß den einer von euch, welchen Wert man vom Durchschnitt draufpacken soll, speziell in BW?
Hallo Tobi,
Du kannst auch bei Glassdoor den Standort angeben, so sind die Gehälter im Süden definitiv höher als im Norden (auch bei Glassdoor in den Durchschnittwerten), du kannst dort auch die Firma angeben. Es gibt meiner Erfahrung nach keinen allgemein gültigen Wert, den man „drauf packen könnte“, sondern dass ist wirklich von Firma zur Firma individuell. Und Du hast völlig recht, wenn das Gegenüber sofort zusagt ist es ein klares Zeichen dafür, dass zu wenig verlangt worden ist. Ich würde Dir wirklich bei der Definition des eigenen Marktwerts eine Mischung aus Recherche & Gespräche mit Personen, die bereits in der Branche sind und gut verdienen empfehlen – eine 100% Sicherheit gibt es allerdings nie. Viel Erfolg bei der nächsten Verhandlung!
Hallo Tobi,
Du kannst auch bei Glassdoor den Standort angeben, so sind die Gehälter im Süden definitiv höher als im Norden (auch bei Glassdoor in den Durchschnittwerten), du kannst dort auch die Firma angeben. Es gibt meiner Erfahrung nach keinen allgemein gültigen Wert, den man „drauf packen könnte“, sondern dass ist wirklich von Firma zur Firma individuell. Und Du hast völlig recht, wenn das Gegenüber sofort zusagt ist es ein klares Zeichen dafür, dass zu wenig verlangt worden ist. Ich würde Dir wirklich bei der Definition des eigenen Marktwerts eine Mischung aus Recherche & Gespräche mit Personen, die bereits in der Branche sind und gut verdienen empfehlen – eine 100% Sicherheit gibt es allerdings nie. Viel Erfolg bei der nächsten Verhandlung!
Meine Freundin verdient komischerweise weniger als ihre Kollegen. Differenzen bezeichnet man in dem Fall als Diskriminierung, weil sie die einzige Frau in der Firma ist. Ich recherchiere noch welche Rechte sie in dem Fall hat. Danke für die Info!
Ich glaube das in vielen Firmen das weibliche Geschlecht sich erst einmal beweisen muss, bevor das Gehalt angepasst wird. Ich habe oftmals erlebt, das dies bei Männern nicht der Fall ist. Sollte es hier nicht ein Gesetz geben, dass egal, ob für Mann oder Frau, das gleiche Gehalt ausgezahlt wird, wenn die gleiche Arbeit verrichtet wird?