Mit 40 in Rente? So klappt die Frührente

Geldschnurrbart Blog Post

Über Geld spricht man nicht, Geld hat man. Geld ist ein Tabuthema in Deutschland. Dadurch können wir aber auch nicht besser werden im Umgang damit. Es hat mich daher sehr gefreut, als mich eine Anfrage der Stuttgarter Zeitung in Form von Journalistin Siri erreichte: „Wir wollen einen Videobeitrag über Frugalisten und „mit 40 in Rente“ machen. Können wir vorbeikommen?“.

Da meine Zahlen und wie ich lebe bereits im Galileobetreitrag Frugalisten erklärt wurden, schlug ich vor, dass wir die konkreten Ein- und Ausgaben von Reporterin Siri verwenden. Nach Freigabe vom Arbeitgeber durften wir dies tun und Siri filmte ihr Frugalisten-Experiment und ob es ihr gelingt, mit 40 in Rente zu gehen.

Frugalismus und mit 40 in Rente: Was steckt dahinter?

Wer das Thema Frugalismus zum ersten Mal hört, denkt meist an „Sparfüchse“, die knausern und sich nichts gönnen um dafür mit 40 in Rente gehen zu können bei einem bescheidenen Lebensstandard. Viele Vorurteile habe ich in meinem Beitrag über Frugalisten richtiggestellt und versucht zu erklären. Die Kurzform: Frugalismus hat zum Ziel, dass wir uns das bestmögliche Leben erschaffen mit maximaler Zufriedenheit und Glück.

Da uns Geld, oder besser der Mangel an Geld, diesem Ziel im Wege stehen kann, eignen sich Frugalisten Wissen an, wie man durch bewusste Ausgaben das Leben bereits heute bestmöglich gestaltet. Zusätzlich wird durch vernünftiges Investieren die Unabhängigkeit von einem Arbeitseinkommen schrittweise vergrößert.

Mit 40 in Rente meint daher nicht ein frühes Hallo im Altenheim oder auf der Couch. Rente viele Jahre vor dem gesetzlichen Renteneintritt meint vielmehr, dass wir durch unser investiertes Vermögens (Immobilen, Aktien ETFs, Mintos) die Option haben, einen ungeliebten Job zu kündigen, kürzer zu treten oder wie gehabt weiter zu arbeiten und unser Vermögen für andere sinnvolle Dinge einzusetzen.

Ein- und Ausgabencheck von Reporterin Siri

Siri war genervt, dass am Monatsende ihr Geld weg ist. „Ich verdiene 2.100 Euro netto, bin viel unterwegs, gehe relativ viel essen, fahre gern Fahrrad und mache den ein oder anderen Wochenendtrip um Freunde zu besuchen. Am Ende des Monats ist dann immer Sense. Das kotzt mich an!“, erklärt sie mir.

Natürlich sei mein Gehalt höher gewesen als ihres, aber dennoch, sie wollte wissen, wie ich >60 Prozent meines Gehaltes an Geld sparen konnte ohne einen Verzicht an Lebensqualität – und ihre eigene Finanzen und Lebensqualität verbessern. Ich verriet ihr daher meinen simplen aber effektivsten „Trick“ für mehr Vermögen: Kenne deine Ein- und Ausgaben!

Ob es über ein Haushaltsbuch, Stift und Papier oder eine digitale Excel passiert, ist dabei egal. In Siris Fall haben wir daher begonnen, ihre Ein- und Ausgaben in die Finanzexcel einzutragen. Einige Zahlen wie ihr Gehalt, Miete und Handy waren dabei schnell ermittelt. 2.100€ auf der Einnahmenseite als Tariflohn bei der Tageszeitung, 408€ Miete für ihr WG-Zimmer und 13€ für das Handy.

Ihr Geld für die Kategorie Essen, Freizeit, Trinken sollte sie abschätzen und später mit dem Bargeldtrick den genauen Wert ermitteln. 450€ war ihre Prognose. Es ist wichtig, dass wir alle anfallenden Kosten, auch die unregelmäßigen mit abbilden. Für die Kategorie Urlaub addierten wir alle Kosten ihrer geplanten Urlaube und Wochenendtripps (4.800€ pro Jahr) und kamen so auf monatlich 400€. Auch für ihr Hobby, das Rennradfahren bilden wir monatliche Rückstellungen und teilen die Kosten damit gleichmäßig auf die Monate auf.

 
Finanzexcel: Ein- und Ausgaben von Siri nach der ersten Einschätzung: Sparquote 21%
Finanzexcel: Ein- und Ausgaben von Siri nach der ersten Einschätzung: Sparquote 21%

Das Ergebnis überraschte sie. 450€ Euro sollten in der Theorie monatlich übrig bleiben. Ihre Zeit bis zur Rente (Ihr Vermögen ist so groß, dass sie 4% ihres Vermögens, das mit 7% am Aktien- und Anleihenmarkt investiert ist, jährlich entnehmen kann um ihre Ausgaben zu decken) würde 35 Jahre betragen. Wer es selbst teste möchte, Oli hat einen netten Rentenrechner erstellt. Rente mit 65 also.

35 Jahre bis zu finanziellen Unabhängigkeit bei einer Sparquote von 21 Prozent - Quelle: frugalisten.de
35 Jahre bis zu finanziellen Unabhängigkeit bei einer Sparquote von 21 Prozent – Quelle: frugalisten.de

Siris Frugalistenmonat und der Bargeldtrick

Aus meiner Erfahrung weiß ich jedoch, dass man seine Kosten in der Regel unterschätzt und schlage Siri daher vor, den Bargeldtrick für einen Monat anzuwenden. Um den genauen Wert für Essen, Freizeit, Trinken zu bestimmen und ohne den Aufwand eines Haushaltsbuches, hebt sie sich zu Monatsbeginn ihren Schätzwert bar ab. 450€ wandern in ihren Geldbeutel, von dem sie einen Monat lang konsequent alle Ausgaben dieser Kategorie bezahlt. Es ist kein Budget, wir wollen nur ermitteln, wie hoch ihr Wert tatsächlich ist. Daher darf sie ohne schlechtes Gewissen nachfüllen, wenn das Geld aus ist.

So kam es dann auch: Am 19. des Monats war das Geld leer. Sie ergänzte ihr Bargeld um 130€ auf insgesamt 580€, die sie entgegen ihres Schätzwertes im Monat für die Kategorie benötigte. Auch fiel ihr im Nachhinein auf, dass sie einige Kostenpositionen wie Türkischunterricht vergessen hatte. „No shame, no blame“, beruhigte ich sie und sagte, dass es das Wichtigste ist, dass wir ihre wahren Zahlen ermitteln. Beurteilen und Änderungen einleiten kann sie dann immer noch.

Die tatsächliche Ein- und Ausgabensituation – Rente mit 40 noch möglich?

Wir trafen uns ein zweites Mal und verbesserten die Schätzwerte durch die ermittelten Realwerte und ergänzten vergessene Kosten. Das Ergebnis seht ihr hier:
Finanzexcel-Siri-Rente-mit-40-V2
Finanzexcel von Siri: Nach dem Praxismonat kennt man die konkreten Werte

Tatsächlich lagen ihre Kosten deutlich höher als ursprünglich angenommen. Ihre Sparquote betrug in der Realität daher 7%, anstatt wie ursprünglich geschätzt, 21%. Wie wirkt sich diese Erkenntnis auf Siris Renteneintritt aus?

Jahre bis zur Rente
Jahre bis zur finanziellen Unabhängigkeit – Rente in 58 Jahren bei 7% Sparquote, Quelle: frugalisten.de

Das Ergebnis war ernüchternd. Rente mit 88! (Um allein vom Vermögen leben zu können ohne eine gesetzliche Rente). Ich beruhigte Siri jedoch und sagte:“Nun, da du deine Ausgaben genau kennst, hast du zum ersten Mal wieder die Chance Änderungen einzuleiten, wenn du mit etwas nicht zufrieden bist!“.

Davor wusste sie nicht, welche Kosten ihr Lebensstil mit sich brachte und welche Konsequenz dieser finanziell für sie hat. Es ist immer noch ihre Entscheidung, ob sie die Ausgaben exakt so beibehalten möchte, auch wenn es bedeutet, viele Jahre auf ein Arbeitseinkommen angewiesen zu sein.

Sie hat aber auch die Möglichkeit, etwas zu ändern, wenn sie nicht zufrieden ist. Sie könnte beispielsweise ihre Ausgaben für Essen/Freizeit/Trinken von 580€ auf 300€ reduzieren. Dafür ist eine gute Ernährung inklusive gelegentlichen Restaurantbesuchen, Feierabendbierchen und Kino etc. locker drin, wie ich aus eigener Erfahrung weiß (Sparquote Geldschnurrbart).

Wocheneinkauf anstatt Spontankäufe und weitere Spartipps können helfen. Nehmen wir weiter an, sie würde es schaffen, einen erlebnisreichen und tollen Urlaub inklusive Wochenendtrips für 1.200€ im Jahr anstatt der jetzigen 5.400€ zu bewerkstelligen. Niemand sagt, dass es ihr dann besser ginge und es ist ihre freie Entscheidung, aber: Diese kleine Änderung würde bedeuten, dass sie von einer Rente mit 88 Jahren auf eine Rente mit 58 Jahren kommen würde.

Wie kann ich mit 40 in Rente gehen?

Wenn Siri durch kleinere Änderungen mit 53 in Rente könnte, ist eine Rente mit 40 dann überhaupt möglich? Ich habe für mein aktuelles Buchprojekt Menschen interviewt, die sogar deutlich vor ihrem 40. Lebensjahr finanziell unabhängig waren. Manche kündigten ihren Job, manche stiegen um auf Teilzeit und manche arbeiteten wie gehabt weiter. Aktiv blieben sie alle.

Viele hatten ein überdurchschnittliches Gehalt, das über dem von Siri lag. Aber es waren durchaus auch Menschen mit gleichem oder nur gering höherem Gehalt nach einem Ausbildungsberuf oder auch als Journalist unter den Frührentnern.

Ich selbst plante, die Option zu haben, vor 40 in Rente gehen zu können, wäre ich in meinem Angestelltenjob geblieben. Für mich hatte es jedoch den Effekt, dass ich sogar eine Verzögerung in der Erreichung der finanziellen Unabhängigkeit hinnehme, aber dadurch einen Job beendet habe, für den ich nicht mehr motiviert war.  Das Ziel der meisten Frugalisten ist nicht pauschal mit 40 in Rente zu gehen, sondern das bestmögliche Leben zu erschaffen, in welcher Form auch immer. Ein bewusster Umgang mit Finanzen und dem Aneignen von Wissen, wie man investiert, erleichtert uns dabei vieles.

Siris Fazit zur Rente mit 40 und ihrem Frugalistenexperiment

„Ich merke viel schneller als früher, wie mir die Kohle zwischen den Fingern zerrinnt!“, war eine ihrer Erkenntnisse. Das Ausgehen am Abend sei für sie der Posten mit dem größten Einsparpotential, was das Verhältnis von Geld zu Lebensfreude betrifft. Öfters koche sie nun mit ihrem Freund zu Hause oder nehme sich selbst zubereitetes Essen mit in die Arbeit. Auch lade sie öfters Freunde zu sich in die WG ein zum gemeinsamen Kochen.

„Für mich persönlich war der Ansatz mit der Excel sehr hilfreich. Da ich mir meine Gewohnheiten jetzt wirklich mal vor Augen führe, kann ich sie auch leichter verändern.“

Ich bin gespannt, wie es ihr weiter ergeht und bedanke mich beim Team für den netten Dreh!

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Was ist deine Meinung zu Siris Finanzen? Wie hältst du den Überblick über Ein- und Ausgaben und wann planst du, die Option zu haben, in Rente gehen zu können? Lasst es uns in den Kommentaren wissen, wir freuen uns auf den Austausch!

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